Formen und Charakter der in Polen zugelassenen Beschäftigungsformen für Geschäftsführer der Kapitalgesellschaften
Die Geschäftsführer in Polen können aufgrund eines Arbeitsvertrages, eines Managementvertrages oder eines Beschlusses angestellt werden.
Der in Polen geltende Grundsatz der Vertragsfreiheit stattet die polnischen Kapitalgesellschaften mit der Befugnis aus, die Geschäftsführer auf verschiede Weisen anzustellen. Kapitalgesellschaften [GmbH, AG], die auf der Grundlage der Vorschriften des polnischen Rechts handeln, bleibt die Wahl überlassen, einen Manager aufgrund eines Beschlusses, eines Arbeitsvertrages oder eines zivilrechtlichen Managementvertrages zu beschäftigen. Im Fall der Gesellschaft mit beschränkter Haftung wird Entscheidung über die Wahl einer für die Gesellschaft günstigen Anstellungsform durch Aufsichtsrat oder einen Bevollmächtigten der Gesellschafterversammlung getroffen (Art. 210 des HGB). Gemäß Art. 368 und 378 HGB liegt diese Befugnis in einer Aktiengesellschaft im Zuständigkeitsbereich des Aufsichtsrates, wobei der Gesellschaftsvertrag die Ausübung der Kompetenz zur Wahl der Form der Anstellung des Geschäftsführers der Gesellschafterversammlung vorbehalten kann.
Nach Art. 201 § 4 des polnischen Handelsgesetzbuches werden Geschäftsführer einer GmbH durch Gesellschafterversammlung berufen und abberufen, es sei denn der Gesellschaftsvertrag etwas anderes bestimmt. Es soll vor allem erklärt werden, dass die Berufung zum Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft nicht der Rechtsform der Beschäftigung vorgreift. Dies bedeutet, dass die Gesellschaft selbst über die Gestaltung ihrer Rechtsverhältnisse der Geschäftsführung entscheidet. Im Urteil vom 10. August 2000 [I PKN 758/99] hat das Oberste Gericht eindeutig festgestellt, dass eine Gesellschaft nicht verpflichtet ist, einen auf die Zeit der Ausübung der Geschäftsführerfunktion bestimmten Arbeitsvertrag mit ihrem Geschäftsführer abzuschließen. Das Urteil bestätigt damit die Freiheit der Gesellschaften, über die Anstellungsform der Geschäftsführer selbst zu entscheiden.
Ein Geschäftsführer kann auch durch einen Managementvertrag angestellt werden. Nach dem in Polen gültigen Prinzip der Vertragsfreiheit, können durch solchen Managementvertrag Grundsätze der Zusammenarbeit nach Ermessen der Vertragsparteien geregelt werden. Einzige Einschränkung ergibt sich jedoch aus der im Art. 353 ¹ ZGB enthaltenen Bestimmung, wonach der Inhalt oder der Zweck eines solchen Vertrages der Rechtsnatur dieses Rechtsverhältnisses, dem Gesetz oder den Grundsätzen des sozialen Zusammenlebens nicht zuwiderlaufen kann.
Es soll vor allem festgestellt werden, dass im Gegensatz zum Arbeitsvertrag oder zum Beschluss über Berufung zum Geschäftsführer, ein Managementvertrag je nach Ermessen der Vertragsparteien nicht nur zwischen einer natürlichen Person und einer Gesellschaft, sondern auch zwischen zwei juristischen Personen oder Einheiten ohne Rechtspersönlichkeit [z.B. OHG] abgeschlossen werden kann. Wichtig dabei ist, dass in einem solchen Vertrag auf die Person hingewiesen werden muss, die für die Wahrnehmung der Geschäftsführungsfunktion Verantwortung trägt. Diese Voraussetzung folgt aus der durch Art. 18 § 1 HGB bestimmten Regel, wonach lediglich natürliche vollgeschäftsfähige Personen die Geschäftsführungsfunktion ausüben können.
Managementvertrag wird nicht im Zivilgesetzbuch ausdrücklich geregelt. Da er nicht als ein Dienstvertrag oder Werkvertrag anerkannt werden kann, finden auf die in dem Managementvertrag nicht geregelten Angelegenheiten die Vorschriften des allgemeinen Schuldrechts [Art. 353 ff ZGB], sowie gemäß Art. 750 ZGB die Vorschriften über den Dienstvertrag Anwendung. Seinem Wesen nach weist ein Managementvertrag viele Ähnlichkeiten zum Vertrag des sorgfältigen Handelns auf. Der Manager wird verpflichtet, sich alle Mühe bei der Wahrnehmung der ihm beauftragten Aufgaben zu geben, er wird aber nicht verpflichtet ein bestimmtes Resultat seiner Tätigkeit zu erreichen. Es ist jedoch nicht ausgeschlossen, den Inhalt des Vertrages entsprechend dem Willen der Vertragsparteien um eine Bestimmung zu ergänzen, die einen Manager verpflichten würde, ein gewisses Ziel zu erreichen [z.B. Erreichung eines Einkommensniveus, Erreichung einer Marktlage der Gesellschaft]. In dem Fall haftet der Geschäftsführer nicht nur für die Nichteinhaltung der erforderlichen Sorgfalt im Management der Gesellschaft, sondern auch für Nichtverwirklichung der Ziele, zu Erreichung derer er verpflichtet wurde. Die genauen Grundsätze der Geschäftsführerhaftung werden aus dem Vertragsinhalt ermittelt, wobei sie sich meistens an das Schuldprinzip anlehnen. Aufgrund des Art. 361 § 1 ZGB erstreckt sich die Haftung des durch einen Managementvertrag angestellten Managers nicht nur auf den tatsächlich erlitten Verlust, sondern auch auf den entfallenen Gewinn, den die Gesellschaft im Falle der erforderlichen Sorgfalt des Managers hätte erwirtschaften können. Ein Managementvertrag kann um eine Wettbewerbsverbotsklausel ergänzt werden, wonach einem Manager verboten wird, während der Vertragsdauer, sowie auch nach Auslaufen der Vertragszeit, seine Dienste an einen anderen Unternehmen zu leisten. Am Rande sei noch zu bemerken, dass Art. 211 HGB jedem Geschäftsführer einer Kapitalgesellschaft unabhängig von der Art der Beschäftigung untersagt, eine Wettbewerbstätigkeit durch Beteiligung an einer anderen Gesellschaft zu betreiben.
Gemäß der Rechtsprechung des Obersten Gerichtes vom 4. April 2002 [I PKN 776/00, OSNP] hat Abschluss eines Managementvertrages zur Folge, dass die Kompetenz der Eigentümer des Unternehmens zu selbständiger Aufnahme von tatsächlichen und rechtlichen Geschäften, die im Management des Unternehmens im eigenen Namen oder im Namen und auf Risiko des Unternehmenseigentümers bestehen, auf den Manager übergehen. Dieses Sich-Entledigen der Befugnisse durch Eigentümer mündet in einer mehr oder weniger klar eingegrenzten Selbstständigkeit des Managers bei Führung des Unternehmens, sowie Möglichkeit der Nutzung von bisherigen Handelsverträgen, Berufserfahrung, organisatorischen Fähigkeiten, eigenen Images, etc. Diese Selbstständigkeit kann gesetzlich [z.B. Art. 228 des Handelsgesetzbuches] oder vertraglich eingeschränkt werden.
Der Abschluss von Managementverträgen zielt darauf ab, dass der Manager eigene immaterielle Werte in die Geschäftsführung einbringt. Die Zusammenarbeit zwischen dem Manager und der Gesellschaft ist frei von jeder Dienstunterordnung, die für einen Arbeitsverhältnis kennzeichnend ist. Im Gegensatz zum Wesen des Managementvertrages, unterliegt der Arbeitnehmer im Rahmen des Arbeitsverhältnisses den bindenden Anweisungen des Arbeitgebers, was die oben bezeichnete Selbstständigkeit ausschließt. Darüber hinaus ist der Arbeitnehmer verpflichtet, seine Arbeit persönlich zu Gunsten des Arbeitgebers an einem von ihm bestimmten Ort und zu dem vom Arbeitgeber ausgewählten Zeitpunkt zu leisten.
Ein Geschäftsführer kann seine Funktion bloß aufgrund eines Berufungsaktes wahrnehmen. Ein solcher Beschluss wird grundsätzlich durch eine Gesellschafterversammlung in einer Gesellschaft mbH und durch den Aufsichtsrat in einer Aktiengesellschaft gefasst. Diese Ansicht wurde im Urteil des Obersten Gerichtes vom 28. Juli 1999 (II PKN 171/99) bestätigt, in dem es festgestellt wurde, dass soweit kein Arbeits, - oder Managementvertrag nicht abgeschlossen wurden, die Pflicht eines Geschäftsführers die Geschäfte einer Gesellschaf zu führen in Art. 208 HGB besteht. Die Situation, wenn der Geschäftsführer aufgrund eines Beschlusses seine Geschäftsführungstätigkeit ausführt, kann grundsätzlich als günstiger für die Gesellschaft als für den Manager eingeschätzt werden. Der aufgrund eines Beschlusses tätige Geschäftsführer verfügt über keine Stabilität der Beschäftigung, da er durch die Gesellschaft jeder Zeit und ohne Anspruch auf Entschädigung abberufen werden kann. Da ein Manager keiner Sozialversicherung unterliegt, steht ihm auch kein Recht auf arbeitsrechtliche Leistungen [z.B. Krankheitsleistungen, Urlaubsleistungen, Mutterschafts - und Vaterschaftsschutz] zu.
Im Gegensatz zur Beschäftigung aufgrund eines Managementvertrages oder Berufung aufgrund eines Beschlusses, stellt ein Arbeitsvertrag eine für den Manager günstigere Art der Beschäftigung dar. Die Rechtsnatur des Arbeitsverhältnisses wird durch das Arbeitsgesetzbuch vom 26. Juni 1974 geregelt. Ein durch einen Arbeitsvertrag verpflichtete Geschäftsführer unterliegt dem durch das Arbeitsgesetzbuch vorgesehenen Arbeitnehmerschutz, welcher auf Gewährleistung der Beschäftigungsstabilität und Wahrung der Arbeitnehmerrechte abzielt.
Die Entscheidung zur Wahl einer von o.g. Formen der Geschäftsführeranstellung liegt frei im Ermessen der Vertragsparteien und richtet sich nach Bedürfnissen und gegenseitigen Erwartungen der Vertragsparteien. Die Wahl einer für die Gesellschaft optimalen Beschäftigungsform soll insbesondere steuerlichen Aspekten sowie Haftungsgrundsätzen der Gesellschaftstätigkeit Rechnung tragen.
Dr. Katarzyna Styrna - Bartman LL.M., Alle Rechte vorbehalten.